Was ist Liebe?

„Sie ist das tiefe Verlangen, eins zu sein mit dem Ganzen, das tiefe Verlangen, „Ich“ und „Du“ in einer Einheit aufzulösen. Liebe ist deshalb dieses tiefe Verlangen, weil wir von unserer eigenen Quelle abgeschnitten sind. Aus dieser Trennung heraus entsteht der Wunsch, wieder ins Ganze zurückzufallen, eins damit zu werden.

Wenn du einem Baum seinen Boden nimmst, wenn du ihn entwurzelst, dann fühlt der Baum ein großes Verlangen, wieder in der Erde verwurzelt zu sein, weil das sein wahres Leben war. Nun stirbt er. Abgetrennt kann der Baum nicht existieren. Er muss in der Erde, mit der Erde, durch die Erde existieren. Genau das ist Liebe.

Dein Ego ist zu einer Barriere zwischen dir und deiner Erde geworden – dem Ganzen. Der Mensch erstickt, er kann nicht atmen, er hat seine Wurzeln verloren. Er wird nicht mehr genährt. Liebe ist ein Verlangen nach Nahrung. Liebe ist, Wurzeln in der Existenz zu schlagen.

Und das ist leichter, wenn du mit dem entgegengesetzten Pol zusammenfällst – daher wird der Mann von der Frau angezogen und wird die Frau vom Mann angezogen. Der Mann kann durch die Frau seinen Boden finden, er kann durch die Frau wieder geerdet werden, und die Frau kann durch den Mann geerdet werden. Sie sind komplementär. Der Mann allein ist halb, in dem verzweifelten Bedürfnis, ganz zu sein. Die Frau allein ist halb. Wenn diese zwei Hälften sich treffen und ineinander verschmelzen, fühlt man sich zum ersten Mal verwurzelt, geerdet: große Freude steigt im Innersten auf.

Nicht nur in der Frau findest du dann deine Wurzeln, sondern – durch die Frau – auch in Gott. Die Frau ist nur eine Tür; der Mann ist nur eine Tür. Mann und Frau sind Türen zu Gott. Das Verlangen nach Liebe ist das Verlangen nach Gott. Ihr mögt dies begreifen oder ihr mögt dies nicht begreifen; aber das Verlangen nach Liebe ist in Wirklichkeit der Beweis der Existenz Gottes.

Es gibt keinen anderen Beweis. Weil der Mensch liebt, ist Gott. Weil der Mensch nicht ohne Liebe leben kann, ist Gott.

Der Drang nach Liebe besagt einfach, dass wir „allein“ leiden und sterben, „gemeinsam“ aber wachsen und genährt, erfüllt und befriedigt werden.“

aus: Osho, The Wisdom of the Sands