Dürfen Männer und Frauen unterschiedlich ticken?

Die Emanzipationsbewegung der 60er und 70er Jahre hat u.a. zu einer guten und notwendigen Befreiung aus alten Rollenmustern geführt, vormals verbotene Berufe und Rollen für die Frau erobert; ein offener Umgang mit Sexualität wurde möglich. Männer konnten sich weicher und sensibler zeigen.

Oft wurden jedoch maskuline Verhaltensformen und Maßstäbe auch von Frauen angenommen und dabei feminine Verhaltensformen und Maßstäbe subtil abgewertet. Frauen fühlen sich nun oft minderwertig wenn sie ihrem Herz folgen, wenn ihnen Beziehung und Kinder wichtig sind, statt „ihren Mann zu stehen“.

Im Kampf gegen männliche Dominanz wurden auf der anderen Seite positive maskuline Verhaltensweisen abgewertet: Ritterlichkeit, Klarheit und Zielorientierung werden von Männern aufgegeben. Der Softi und der Schluffi wurden als neue Rollenbilder geboren – teils aus Bequemlichkeit, teils um den Frauen in der „neuen schönen Uni-Sex-Welt“ nahe zu sein.

Ein grobes Missverständnis dabei war, dass gleichwertig, gleichberechtigt und gleich nicht das Selbe ist. Jede Andeutung, dass Männer und Frauen nicht in jedem Fall gleichartig funktionieren, dass sie unterschiedliche Muster, Ängste und Bedürfnisse haben, wurde als falsche Sozialisation abgetan, mit einem Denkverbot belegt und als ein Angriff auf die Gleichwertigkeit von Mann und Frau missverstanden.

Überspitzt gesagt war die Botschaft der Frauenemanzipation: Alle Menschen sind Männer, aber ohne deren Macken. Daher sollen die Menschen in einem weiblichen Körper genauso behandelt werden wie die anderen: In mindestens 50% aller Führungspositionen gehören Frauen, allenfalls Kumpel-Partnerschaften von Mann und Frau sind möglich u.s.w.. Folge ist eine tiefe Verunsicherung von Frauen und Männern, wie sie sich nun “richtig” verhalten sollten. Sowohl maskuline wie feminine Anteile werden diskreditiert und versteckt –  Unterschiede zwischen Mann und Frau als eine Art Krankheit behandelt, entstanden durch die falsche Behandlung durch die Mütter.

Wir können David Deida als Vorboten einer post-emanzipatorischen Ära verstehen, der die sehr unterschiedlichen Energien beschreibt, die einen maskulinen bzw. femininen Wesenskern antreiben. In keiner Weise ist damit ein zurück zu alten, einschränkenden Rollenklischees beabsichtigt. Im Gegenteil geht es um die Freiheit, alle maskulinen und femininen Energien in uns zu entdecken und sie bewusst und gezielt auszuleben.

Er führt damit fort, was in den Achtziger Jahren unter Rückgriff auf Indianische Traditionen durch Autoren wie Robert Bly und Sam Keen begonnen wurde. Die sogenannte mythopoetische Männerbewegung setzte sich mit der Wiederentdeckung einer positiven, archaischen Männlichkeit auseinander. Bly, Autor des Bestsellers “Eisenhans”, beschreibt wie maskuline Präsenz und Ausdruckskraft durch eine Initiation wachgerufen werden kann.

Deida erweitert diese Gedanken durch seinen Blick auf die spirituelle Dimension der Begegnung beider Geschlechter und die inspirierende Kraft der Polarität zwischen ihnen. Bei der Entwicklung der Polarität, der kribbeligen Spannung zwischen Mann und Frau, geht es um den – letztlich unpersönlichen – Ausdruck von göttlicher Liebe in maskuliner oder femininer Form in der intimen Beziehung. Wenn im Beruf oder in einer Freundschaft andere Teile unseres ganzen Spektrums gefordert sind – warum nicht? Natürlich kann eine Frau mit gut entwickelten maskulinen und femininen Seiten sensibel und zielorientiert ein Unternehmen führen. Will sie das abends im Bett wirklich so fortführen?

Mehr zu Polarität auf der Seite www.David-Deida.de vom gleichen Autoren.